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Portrait von Irene Burger, Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie sowie Leiterin der Klinik für Nuklearmedizin am KSB

«Karriere? Du bist doch eine Frau!»

Irene Burger (41) leitet seit 2019 die Klinik für Nuklearmedizin am KSB. Sie ist Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie und lehrt als Privatdozentin an der Uni Zürich und der ETH. Ihre Forschungstätigkeit treibt sie sowohl in Zürich wie am KSB weiter. Irene Burger ist gebürtige Luzernerin, verheiratet und lebt mit ihrem männlichen «Backup» in der Region Zürich.

Im Interview spricht Sie unter anderem über ihren Werdegang, die Rolle des Zufalls und Frauen in der Spitzenmedizin. 

War für Sie nach der Matura klar, dass Sie Medizin studieren würden?

Nicht wirklich. Ich habe die Naturwissenschaften schon immer geliebt. Mein Physiklehrer hatte Tränen in den Augen, als er mir und meiner Kollegin das Maturazeugnis überreichte: «Das hets no nie gää – zwei Fraue mit eme Sächser!» (Lacht herzlich.) 

Warum kein Physikstudium an der ETH?

Ein Freund meines Vaters hat mich vom Medizinstudium überzeugt. Ich dachte gar nicht an diese Möglichkeit, ich schwankte wirklich zwischen Biologie und Physik. 

Der Entscheid war richtig? 

Absolut. Es ist eine tolle Verbindung aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Aspekten mit einer sehr interaktiven Funktion mit Menschen. Zudem arbeite ich in der Nuklearmedizin nun viel mit Physikern, Chemikern oder Biologen zusammen. Aber der Weg dahin war mit Zufällen gespickt, wie so oft im Leben.

Gab es ein Schlüsselerlebnis?

In der 5-jährigen Ausbildung zur Fachärztin Radiologie habe ich mich für ein sogenanntes Fremdjahr in Nuklearmedizin entschieden. Nach wenigen Wochen drückte mir der Chef einen Stapel Studienunterlagen in die Hände: «Irene, mach du mal!» Als ich dann vor der Konsole sass und das Privileg hatte, als Erste die Verteilung dieser neuen Substanz im Körper beobachten zu dürfen – da war es um mich geschehen: I was hooked! 

Welches sind eigentlich Ihre Aufgaben?

Eine unserer Aufgaben ist es, die Ausbreitung eines Tumors möglichst genau zu bestimmen. Das ist der diagnostische Teil. In der Therapie wenden wir radioaktive Substanzen bei Tumorpatienten an. 

Sie haben von der Klinik für Nuklearmedizin am Unispital in Zürich nach Baden gewechselt. Warum das? 

Ich habe das Glück, das Beste aus beiden Welten kombinieren zu können: Einen Tag pro Woche forsche ich in Zürich, ansonsten arbeite ich am KSB in der Klinik. Das ist perfekt. Die Wege in Baden sind kurz, die Zusammenarbeit dadurch sehr unkompliziert und kollegial. 

Wie schätzen Sie die Situation für Topmedizinerinnen in der Schweiz ein?

In Deutschland wurde ich von einem Chefarzt angesprochen: Ob es wirklich so schlimm sei? Er berichtete von Kolleginnen, die sich an Schweizer Unis beworben hätten und von der Art, wie mit Frauen umgegangen wird, sehr ernüchtert waren. Das habe ich hier teilweise schon auch beobachtet. Die Schweiz ist teilweise schon noch sehr patriarchalisch.

Haben es Frauen in der Spitzenmedizin schwerer als Männer?

Männern kauft man es eher ab, dass sie sich zu 100 Prozent im Beruf engagieren, als Frauen. Schliesslich haben die meisten eine Partnerin als Backup zu Hause. In der Schweiz ist Ganztagsbetreuung für Kinder immer noch eine Seltenheit: Das KSB war mit seiner Kita ein Vorreiter. 

In anderen Ländern ist Jobsharing in Toppositionen möglich.

Das ist es in der Schweiz schon auch. Ein tolles Beispiel ist das Zürcher Triemli-Spital, wo sich zwei Ärztinnen die Leitung der gynäkologischen Klinik teilen. Das klappt super und bietet viele Vorteile. Aber die Frauen müssen das wirklich wollen, Gleichgesinnte suchen, gemeinsam agieren und dafür kämpfen. Leicht ist es sicher nicht.

«Vor vier Jahren war ich total gegen eine Frauenquote. Heute denke ich, dass ein gewisser Druck manchmal hilfreich sein könnte.»

Irene Burger (41), Fachärztin für Nuklearmedizin und Radiologie

Führen Männer besser als Frauen?

Frauen denken viel eher über die Konsequenzen ihrer Entscheidungen nach. Männer geben oft entschiedener den Takt vor, selbst wenn sie sich nur zu 70 Prozent sicher sind, dass sie richtig liegen. Frauen reflektieren und zweifeln mehr, brauchen mehr Sicherheit. Vielleicht sind Frauen dadurch die besseren Teamplayer, offener für die unterschiedlichen Sichtweisen. Man kann nicht generell sagen, was besser ist. Ich denke, in einem Team ist eine Mischung aus beidem ideal.

Der nervigste Spruch, den Sie sich von einem Mann anhören mussten?

«Karriere? Du bist doch eine Frau!» Das ist mir bis ins Mark gefahren. 

Ihre Reaktion?

Ich war wie gelähmt, konnte nichts entgegnen. Später hat mich ein Kollege auf ein paar Bier eingeladen. Das hat geholfen. (Lacht.)

Sind Frauenquoten eine Option?

(Seufzt, denkt lange nach.) Noch vor vier Jahren war ich total dagegen. Heute denke ich, dass ein gewisser Druck manchmal hilfreich sein könnte.

Quelle

Zuerst erschienen im Kundenmagazin des Kantonsspitals Baden.

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