Peter Galliker steht vor einem E-Lastwagen

«Nachhaltigkeit muss eine innere Überzeugung sein»

Peter Galliker hat mit Green Logistics ein Angebot geschaffen, um Kunden emissionsarme Transporte zu ermöglichen. Damit will er nicht nur sein Geschäft revolutionieren, sondern auch die Kultur seines Unternehmens und seiner Mitarbeiter.  

Energiegespräch

Interview: Julia Guran
Fotos: Conrad von Schubert

Herr Galliker, ein Transportunternehmen, das CO2 sparen will, das widerspricht sich. Warum machen Sie das?
Weil ich überzeugt bin, dass es ohne Nachhaltigkeit nicht geht. Deshalb haben wir vor zweieinhalb Jahren entschieden, im Bereich nachhaltige Transporte Vorreiter zu werden. Die neuen Technologien bieten uns die Möglichkeit, und die nutzen wir. Ich lernte noch Lastwagenmechaniker auf Dieselmotoren. Heute haben wir synthetische Treibstoffe, Elektro- und Wasserstofflastwagen. Die sind zwar fünf bis sieben Mal so teuer wie konventionelle. Nur wegen der Kosten bleiben wir aber nicht untätig. Die Lastwagen werden nur günstiger, wenn sie jemand beschafft. Seither investieren wir viel Geld, das wir momentan nicht auf die Kunden abwälzen können.  

Klingt schwierig aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Sind die Kunden bereit, für nachhaltige Transporte mehr zu zahlen?
Der Stellenwert der Nachhaltigkeit war bei vielen noch nicht so hoch, obwohl sie in ihrer Strategie verankert ist. Sie erwarteten diese Leistung, waren aber oft nicht bereit, dafür einen zusätzlichen Tarif zu bezahlen . Ich sagte ihnen, das sei nicht fair. Wir müssen uns gemeinsam für Nachhaltigkeit einsetzen – nicht nur das Unternehmen, auch die Mitarbeiter und die Kunden.  

Wie bringen Sie Kunden dazu, sich zu engagieren?
Indem wir ihre Güter «grün» befördern, unterstützen wir sie bei der Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie. Sie können dann sagen, dass sie mit einem Dienstleister zusammenarbeiten, der aktiv bei der CO2-Reduktion mitmacht. Dazu haben wir einen Förderverein gegründet und einen Brand «Green Logistics by Galliker – Logistik weitergedacht».  

Portrait von Peter Galliker

Wie funktioniert dieser Förderverein und wie profitieren Galliker und die Kunden?
Sie beteiligen sich mit mindestens 5000 Franken. Wir geben denselben Betrag, verdoppeln die Summe also. Mit dem Geld, das wir via Verein einnehmen, subventionieren wir die Mehrkosten für nachhaltige Transporte. Zudem platzieren wir das Kundenlogo auf unserer Homepage  und händigen eine CO2-Deklaration aus. 

Wenn Sie gleich viel Geld einschiessen wie der Kunde, ist das ein Nullsummenspiel. Lohnt sich das für Sie?
Ich will aus diesem Gefäss keinen Profit schlagen. Für mich ist die Investition in Nachhaltigkeit dank dem Engagement des Kunden aber kostenneutral. Und für den Kunden ist ersichtlich, worin er und wir investieren. 

Worin investieren Sie das Geld des Fördervereins?
Ausschliesslich in das Kapitalisieren des Lastwagens, der dazugehörenden Lade- und Tankinfrastrukturen und in die derzeit hohen Strom- und Wasserstoffpreise.   

Wie hat sich die Sache bisher entwickelt?
Sehr positiv. Der Eisbrecher war, dass wir gemeinsam mit dem Kunden investieren. Interessant daran ist, dass jetzt, wo wir einige Kunden haben, auch andere Teil dieser Kultur sein möchten. 

Sie sprechen von Kultur. Wenn die Investition in Nachhaltigkeit kaum finanzielle Vorteile bringt, welchen Wert hat sie dann?
Ein Aspekt ist das Image. Wenn jemand grüne Transporte aber nur fördert, um gut dazustehen, ist das nicht authentisch, sondern Greenwashing. Nachhaltigkeit muss aber eine innere Überzeugung sein, ohne Fokus in erster Linie aufs Finanzielle. 

Trotzdem: Sie müssen Geld verdienen…
Ich habe sehr viel gelernt in den letzten zweieinhalb Jahren, sei es mit Ladestationen oder Wasserstofftankstellen. Das wäre nicht passiert, wenn wir nicht Geld und Zeit investiert hätten. Dank unserer Erfahrung fragen uns heute Lastwagenhersteller als Experten an, wenn sie neue Fahrzeuge bauen. Zudem bin ich überzeugt, dass sich unsere Investitionen künftig auszahlen. Wir gewinnen zum Beispiel neue Kunden, die hinsichtlich Nachhaltigkeit unter Druck stehen und einen Partner brauchen, der 100, 200 emissionsarme Lastwagen hat. Da sind wir auf gutem Weg. Bis Ende 2022 trifft dies auf 40 von unseren 1300 Fahrzeugen zu. 

«Jeder Hersteller bringt in den nächsten Jahren Elektrolastwagen heraus, mit einer Reichweite, die Freude macht.» 

Peter Galliker, CEO Green Logistics

Das ist immer noch ein kleiner Teil der Flotte. Sind Sie zu spät dran? 
Früher ging es nicht. Die Hersteller fehlten. Es gab zwar einige Start-ups, doch die hatten die Mittel für den grossen Durchbruch nicht. Erst in den letzten zweieinhalb Jahren haben auch die grossen Hersteller realisiert, dass sie nicht am Dieselmotor festhalten können. Jetzt ist der Druck der Politik und des Marktes gross genug. Jeder Hersteller bringt in den nächsten Jahren Elektro und Wasserstofflastwagen heraus, mit einer Reichweite, die Freude macht. So haben wir dieses Jahr den weltweit ersten Elektro-Autotransporter lanciert: Schliesslich ist es mein Ziel, beim Wasserstoff und den E-Lastern an vorderster Front dabei zu sein.  

Sie sind aber nicht der einzige. Ihre Mitbewerber stecken sich sogar ehrgeizigere Ziele. Schöni etwa will nicht wie Sie erst 2050 CO2-neutral unterwegs sein, sondern schon 2023. Wie gehen Sie damit um?
Natürlich könnte auch ich externe Projekte unterstützen, um schneller bei Netto-Null zu sein, etwa Windenergie oder Aufforstungsinitiativen. Das halte ich aber nicht für fundiert. Ich will unseren CO2-Ausstoss mit den eigenen Möglichkeiten senken. Ein Beispiel: Ein herkömmlicher Lastwagen generiert im Schnitt 70 Tonnen CO2 pro Jahr. Wenn ich 20 davon durch Elektrolaster ersetze, sinkt unser CO2-Ausstoss um jährlich 1400 Tonnen. Dies ist für den Kunden nachvollziehbar; er kann vorbeikommen und die Lkws zählen.   

Portrait von Peter Galliker für Smart Basis

Ihre Flotte stösst jährlich rund 65’000 Tonnen aus. Da sind 1400 Tonnen ein Tropfen auf den heissen Stein… 
Bedenken Sie, was 70 Tonnen CO2 für die Umwelt bedeuten. Da bin ich stolz auf jeden Lastwagen, den wir ersetzen. Und es werden noch viel mehr; die Dynamik fängt erst an.  

Welche Rolle spielt der politische Druck dabei?
In unserem Fall eine geringe. Bei mir hat es Klick gemacht. Ich brauche die Gesetzesartikel, die man uns aufdrückt, nicht. Vielmehr gehe ich heute proaktiv auf Politiker zu, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Wir hatten kürzlich einen Event mit der GLP, bei dem wir zeigten, was wir alles machen. Die waren erstaunt. Wenn wir die Politik früh involvieren, können wir ihnen aufzeigen, dass wir dran sind, ohne dass es ein neues Gesetz braucht. So hat unser Verband, die ASTAG, eine Klimaresolution lanciert.  

Das passt nicht zum Image der Branche.
Daran arbeiten wir auf Verbandsebene. Auf der ökologischen Ebene sind etwa Planzer, CTW  und Schöni usw. nicht Mitbewerber, sondern Partner für Nachhaltigkeit. Wir motivieren uns gegenseitig, egal, wer welches Nachhaltigkeitsmodell verfolgt. Hauptsache, wir machen es gemeinsam. 

In Kürze

Peter Galliker (52) führt mit seinen Geschwistern Rolf und Esther das Transportunternehmen Galliker in der dritten Generation. Der CEO startete 2019 mit «Green Logistics by Galliker» eine Initiative, um den Transport von Gütern energieeffizienter zu gestalten. Er investiert u.a. in Wasserstoff- und Elektrolastwagen, baut Ladestationen und deckt seine Firmengebäude in Altishofen (LU) und Niederlassungen in der Schweiz mit Solardächern. Galliker ist verheiratet und hat zwei Söhne. In seiner Freizeit wandert er und fährt Ski. 

Michael Frischkopf

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